Vor einem Gymnasium in Wien sind heute früh Abtreibungsgegner:innen aufmarschiert. Dort gehen Kinder ab 10 Jahren zur Schule. Schüler:innen haben den katholischen Fundis vor Ort die Meinung gezeigt.
“Es stirbt ein Mensch”, “Frauen leiden” oder “Was ist mit dem Baby im Bauch der Mama? Hat das nicht eigentlich auch ein Recht zum Leben?” Mit solchen Parolen haben katholische Abtreibungsgegner:innen heute früh vor dem Wiener Gymnasium Marchettigasse agitiert.
In die Schule im sechsten Bezirk gehen Kinder ab zehn Jahren – und gerade für junge Kinder können solche Parolen enorm verstörend wirken. Vor dem engen Zugang zum Bundesrealgymnasium (BRG) war es für die Schüler:innen dazu kaum möglich, den Flugblättern mit den Propaganda-Parolen auszuweichen.
Die Abtreibungsgegner:innen bei der Agitation. Alle Bilder: standpunkt.press
Verantwortlich für die Agitation vor der Schule ist die Gruppe “Jugend für das Leben”. Die Organisation ist eine Pressure-Group der katholischen Kirche, die damit Verantwortung für die Mobilisierung vor der Wiener Schule trägt. Die Kirche bewirbt auch die Aufmärsche der Gruppe, zuletzt etwa in Wien im Oktober 2022. Ich hatte live vor Ort über die Proteste gegen diesen Aufmarsch berichtet.
Der Aufmarsch der katholischen Abtreibungsgegner:innen auf der Wiener Ringstraße steht. Feministische Linke haben die Straße blockiert.#w1510 #nofundis pic.twitter.com/shW3d0wIsj
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) October 15, 2022
“Das BRG6 distanziert sich von dieser Kundgebung”
Die Schule und die Schüler:innen waren bereits im Vorfeld alarmiert. Am Mittwoch hatte die Direktion die Eltern mit einem Brief darüber informiert, dass der katholisch-fundamentalistische Aufmarsch am Freitag stattfinden würde. Darin kündigte die Schule unter anderem eine Verstärkung der Frühaufsicht im Eingangsbereich an und gab Schüler:innen die Möglichkeit, das Schulgebäude bereits früher zu betreten. Der Brief liegt mir vor.
An mich hatten sich im Vorfeld mehrere Eltern gewendet. Zum Schutz der Schüler:innen – und um einen Medienauflauf zu vermeiden -, hatte ich den Brief bewusst nicht veröffentlicht. Ein Redakteur von standpunkt.press war allerdings für euch vor Ort und hat den Aufmarsch dokumentiert. Im Schaukasten vor der Schule drückte die Schule dann klar ihr Missfallen aus: “Das BRG6 distanziert sich von dieser Kundgebung!”.
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Und auch Schüler:innen sind selbst aktiv geworden. So wurden etwa Schilder gegen die Fundis gebastelt, wie mir ein Vater berichtet. Vor der Schule wurden die Fundis dann mit eindeutigen Slogans empfangen: “Abtreibung ist Menschenrecht” und “My Body, My Choice” war auf den Boden gesprayt worden. Das sollen nach Informationen, die mir vorliegen, Schüler:innen selbst erledigt haben. Auch Eltern sind aktiv geworden.
Vor der Schule haben sie versucht, die Fundis in Gespräche zu verwickeln und so von der Agitation abzuhalten. Im Gespräch mit mir zeigt sich ein Vater empört: “Wir Eltern sind schockiert, dass es in Österreich möglich ist, minderjährige Schüler:innen mit fundamentalistischem Gedankengut gezielt zu stalken.” Es wäre “eine Schande”, dass Abtreibungsgegner:innen sich direkt vor der Tür einer Schule aufstellen dürften. Er fordert “Schutzzonen vor Schulen, um unsere Kinder zu schützen.”
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