Von Ariernachweisen, Deckel und Mensuren über FPÖ und AfD bis zu Identitären und Nazi-Terrror. Von A bis Z: Alles, was ihr über die deutschnationalen Student:innen-Verbindungen wissen müsst!

Akademikerball: Die Bälle der Student:innenverbindungen sind wichtige Vernetzungstreffen der extremen Rechten. Veranstaltet werden sie von verschiedenen -> Dachverbänden des Milieus. In Österreich sind die Akademikerbälle in Wien und Graz sowie der -> Burschenbundball in Linz auch in der Öffentlichkeit bekannt. Gegen diese drei Bälle gibt es regelmäßig antifaschistische Demonstrationen. Überregional weitgehend unbekannt ist dagegen das “Kremser Farbenkränzchen”, das über Jahrzehnte im niederösterreichischen Krems an der Donau abgehalten wurde. Für 2024 ist allerdings keine öffentliche Ankündigung mehr zu finden.

Der Akademikerball in der Wiener Hofburg wurde über Jahrzehnte als Ball des Wiener -> Korporationsrings (WKR) der deutschnationalen Verbindungen veranstaltet. Als das auch international immer stärker kritisiert wurde, sprang die -> FPÖ ein. Nun findet der gleiche Ball weiterhin in der Hofburg statt. Nur jetzt offiziell als Ball der FPÖ.

Demo gegen den Akademikerball in Wien. Bild: Michael Bonvalot

Akademische Turnverbindung: Deutschnationale Studentenvereinigung -> Österreichischer Turnerbund

Aktivitas: Die aktiven Mitglieder einer Verbindung, im Gegensatz zu den -> Alten Herren und -> Hohen/Alten Damen.

Alter Herr: Mitglied einer Verbindung nach seiner aktiven Zeit. -> Lebensbundprinzip

Alternative für Deutschland (AfD): Für Verbindungsstudent:innen in Deutschland gab es nach dem Zweiten Weltkrieg keine “eigene” Partei, die mit der FPÖ vergleichbar gewesen wäre. -> Korporierte konnten zwar in verschiedenen Parteien unterkommen, meist in -> CDU/CSU oder FDP. Es gab und gibt in Deutschland sogar ein eigenes Netzwerk der Korporierten in der SPD, den “Lassalle-Kreis”. Doch das sind keine Parteien, die ideologisch und strukturell mit dem verbindungsstudentischen Lager verbunden sind, wie das in Österreich mit der FPÖ der Fall ist.

Nachdem die AfD 2013 gegründet wurde, haben die Deutschnationalen nun eine Partei, die ihnen direkten Zugriff auf Posten und Ressourcen versprechen kann. Die Bedeutung der Verbindungen wird damit in den nächsten Jahren in Deutschland tendentiell wohl zunehmen – sie können nun, wie in Österreich, bedeutende extrem rechte Karrierenetzwerke anbieten.

Antisemitismus: Die deutschnationalen Verbindungen tragen den Antisemitismus in sich wie die Wolke den Regen. Bereits die Gründer der -> Urburschenschaft rund um Friedrich Ludwig Jahn waren Antisemiten. Eindeutig ist all das spätestens seit 1896. Da beschlossen die völkischen -> Studentenverbindungen in -> Österreich das sogenannte Waidhofener Prinzip: Juden galten demnach nicht mehr als “satisfaktionsfähig”. Sie waren damit zu Duellen für die Austragung von “Ehrangelegenheiten” nicht mehr zugelassen.

Diese antisemitische Tradition setzt sich bis heute fort. So hat etwa die Wiener -> Burschenschaft Olympia 2003 den einschlägig bekannten Neonazi-Liedermacher Michael Müller auf ihre Bude in Wien eingeladen. Einer seiner Lieder: “Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an (…) wir haben reichlich Zyklon (…) bei sechs Millionen Juden ist noch lange nicht Schluss.”

Bude: Das Zentrum der jeweiligen Verbindung. Meist im Eigentum der -> Korporation, oft verwaltet von einer Vereinigung der -> Alten Herren. Es ist die zentrale Infrastruktur der Verbindung. Allein in der österreichischen Hauptstadt Wien gibt es dutzende deutschnationalen Verbindungen, viele mit einem eigenen Verbindungshaus. Dort gibt es Räume für politische Veranstaltungen und Feste, dazu oft auch günstige Wohnplätze. Damit werden Mitglieder rekrutiert.

Das Verbindungshaus des Wiener Akademischen Turnvereins, direkt gegenüber der Uni Wien. Bild: Michael Bonvalot

Bummel: Öffentlicher Aufmarsch der Verbindungen, in Wien jeden Mittwoch auf der Rampe vor der Universität Wien. Bei solchen Aufmärschen sollten traditionell Mitglieder rekrutiert (“gekeilt”) werden – heute ist es eher ein Bekenntnis durch das Zeigen des eigenen Gesichts. Während solche Bummel heute bestenfalls skurril wirken, waren sie in der Vergangenheit enorm gefährlich. So führten die Aufmärsche der Verbindungen auf der Wiener Uni in der Ersten Republik regelmäßig zu pogromartigen Angriffen auf jüdische und linke Studierende und deren Einrichtungen.

Burschenbundball: Der Ball der Studentenverbindungen in Linz wird bereits seit Jahrzehnten veranstaltet, seit 1954 im Kaufmännischen Vereinshaus – was gleichzeitig die engen Verbindungen der “Waffenstudenten” und der Wirtschaft demonstriert. Der deutschnationale Burschenbundball steht traditionell unter dem Ehrenschutz des jeweiligen ÖVP-Landeshauptmanns. Den Ehrenschutz für 2024 hat also Landeshauptmann Thomas Stelzer übernommen. -> Akademikerball.

Burschenschafter vor der Uni Wien. Bild: Michael Bonvalot

Burschenschaft: Gilt heute als Überbegriff für alle deutschnationalen, Studentenverbindungen, tatsächlich ist es nur eine von vielen Formen von Verbindungen. Entstanden aus der -> Urburschenschaft. Mitglieder der -> Corps nennen die Burschenschafter abfällig “Buxe”, -> Pennäler haben von ihnen den Spitznamen “Babybuxe” verpasst bekommen.

Burschenschaftliche Gemeinschaft: Fraktion der am weitesten rechts stehenden -> Burschenschaften innerhalb des Dachverbands -> Deutsche Burschenschaft. Traditionell von österreichischen Verbindungen dominiert.

Cartellverband: Im CV sind die katholischen Studentenverbindungen organisiert, die katholischen Schüler sind Mitglied im Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV). Die katholischen Verbindungen sind nicht-schlagend -> Mensur. Die Verbindungen von CV und MKV legen viel Wert darauf, dass sie nichts mit den deutschnationalen Verbindungen zu tun haben. Faktisch gibt es eine gemeinsame Geschichte des Antisemitismus, doch es gibt in Österreich auch eine große, tatsächliche Bruchlinie.

Die deutschnationalen Verbindungen haben sich ab den 1920er Jahren mit dem NS-Faschismus verbunden, während die katholischen Verbindungen wichtige Stützen des Austrofaschismus wurden. Der MKV verwendet bis heute die Fahne des Austrofaschismus. Meine Recherche dazu könnt ihr hier lesen.

CDU/CSU: Nachdem es in Deutschland im Gegensatz zu Österreich über Jahrzehnte keine durchgehend erfolgreiche Partei des deutschnationalen Lagers gab, gibt es dort auch viele -> Alte Herren und -> Hohe Damen in anderen Parteien, vor allem der CDU/CSU. Bekannt wurde Anfang 2024 etwa der Fall des ehemaligen Berliner CDU-Finanzsenators Peter Kurth, laut Medienberichten -> Alter Herr der -> Burschenschaft Gothia Berlin. Er soll die neofaschistische Gruppe -> Identitäre zwischen 2019 und 2022 mit rund € 240.000 unterstützt haben. Mit einem großen Teil dieses Geldes soll das Zentrum der Gruppe in Steyregg bei Linz finanziert worden sein. In Österreich sammelt sich das Spektrum so gut wie ausschließlich in der -> FPÖ.

Chargierte: Personen, die in -> Student:innenverbindungen Führungsämter besetzen, also etwa der Sprecher, der Fechtwart und der Schriftwart. Sie stammen aus der -> Aktivitas der Verbindung.

Corps: Deutschnationale Studentenverbindungen. Neben den Burschenschaften die wichtigsten Verbindungen des deutschnationalen Lagers. Sie selbst sehen sich als die älteren und damit traditionelleren Verbindungen. Die Burschenschaften nennen die Corps dagegen gerne abfällig “Curry”. Corps sind meist pflichtschlagend -> Mensur.

Couleur: Die Farben der jeweiligen Verbindung, die auf bestimmten Kleidungsstücken getragen werden. Die wichtigsten Elemente sind die Mütze, das Band und der Zipfelbund. Es gilt als Schmach, sie zu verlieren.

Verbindungshaus der Allemania Graz. Bild: Michael Bonvalot

Dachverbände: Die meisten Verbindungen sind in verschiedenen Dachverbänden organisiert. Der wichtigste Verband der Burschenschaften ist die -> Deutsche Burschenschaft, die Corps sind meist Mitglied im Kösener bzw. im Weinheimer Convent. An vielen Hochschulorten existieren Arbeitsgemeinschaften der Verbindungen, sogenannte Waffenringe. Dazu gibt es lokale Dachverbände, in Österreich besonders bedeutend sind der Wiener und der Grazer -> Korporationsring (WKR bzw. GKR). Zwischen einzelnen Verbindungen kann es zusätzlich spezielle Freundschaftsverhältnisse geben. Besonders enge Freundschaften heißen “Kartellverhältnis”.

Damenverbindung: Deutschnationale Studentinnenverbindung.

Deckel: Die Kopfbedeckungen der Verbindungsstudent:innen. Es gibt verschiedenste Kopfbedeckungen, die jeweils unterschiedliche Namen haben. Neben dem Deckel gibt es als Begriffe auch noch Biertonne, Cerevis, Mütze, Stürmer und Tönnchen. Der Deckel ist Teil des -> Couleur. Der Verlust ist eine Schande.

Auf den Deckel muss gut aufgepasst werden. Bild: Michael Bonvalot

Deutsche Burschenschaft: Die DB ist der größte und extrem rechte Dachverband des burschenschaftlichen Lagers aus Deutschland und Österreich. Die am weitesten rechtsaußen stehenden Verbindungen haben sich zusätzlich in der -> Burschenschaftlichen Gemeinschaft zusammengeschlossen. In den letzten Jahren wurde der Dachverband durch Abspaltungen geschwächt, es entstanden die Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) und die Allgemeine Deutsche Burschenschaft (ADB).

Diese Dachverbände scheinen teils weniger weit rechts, das sollte aber nicht überbewertet werden. Die -> österreichischen Verbindungen sind durchgehend Mitglieder der DB geblieben.

Ehre, Freiheit, Vaterland: der Wahlspruch der Jenaer -> Urburschenschaft. Heute tragen die meisten deutschnationalen Burschenschaften diesen Wahlspruch. Die Buchstaben “E”, “F” und “V” sind daher zumeist auch im jeweiligen -> Zirkel zu finden.

Einsprung: Der Beitritt zu einer Verbindung

Bild: Michael Bonvalot

Feuerzangenbowle: Ein Getränk sowie der Titel eines Films aus dem NS-Regime mit dem Nazi-Kollaborateur Heinz Rühmann in der Hauptrolle. Beliebt in burschenschaftlichen Kreisen -> Krambambuli

Freiheitliche Partei Österreichs: Die FPÖ ist der politische Arm der deutschnationalen Verbindungen in Österreich. Sie hat dafür gesorgt, dass die Verbindungen in Österreich bis heute wirkmächtig sind. Ein großer Teil der männlichen Politiker der FPÖ – vor allem im Bund und in den großen Städten – wurde in deutschnationalen Verbindungen ausgebildet und sozialisiert. Ihre Karriere haben sie oft im burschenschaftlich geprägten -> Ring freiheitlicher Studenten begonnen.

Sammelbecken der -> Alten Herren der FPÖ ist der Freiheitliche Akademikerverband. In Deutschland gab es über Jahrzehnte keine vergleichbare Partei der Burschenschaften. Seit ihrer Gründung übernimmt in Deutschland nun die -> AfD diese Rolle.

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Fuchs oder Fux: Neues Mitglied einer Verbindung, das noch in der Probezeit ist.

Fuhrmannsgasse: Gebäude des Deutschen Schulvereins in Wien, heute verwaltet von der einschlägigen Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM). Dieses Haus an der Ecke Florianigasse/Fuhrmannsgasse im hippen achten Bezirk ist mit seinem großen Veranstaltungsbereich und mehreren -> Buden eine der wichtigsten Immobilien der rechten Szene in Wien. In diesem Haus ist auch das bekannte Veranstaltungslokal “Tunnel”.

Hohe Dame: Mitglied einer Verbindung nach ihrer aktiven Zeit. -> Lebensbundprinzip. Auch “Alte Dame”.

Identitäre: Die Identitären in Österreich sind burschenschaftlich geprägt und können als politische Arm des Milieus gelten. Identitären-Gesicht Sellner, der in seiner Jugend ein Neonazi war, soll etwa in der einschlägig bekannten Wiener Burschenschaft Olympia sozialisiert worden sein, bevor er die Verbindung gewechselt hat. Danach war er zeitweilig Mitglied der Wiener Sängerschaft Barden, wo auch zahlreiche weitere Identitäre unterkamen. Zuletzt könnte Sellner Mitglied einer Akademischen Landsmannschaft in Wien gewesen sein, das legen Fotos nahe, wo er ein “Band” trägt -> Couleur. Der Wiener Sprecher der Identitären, Gernot Schmidt, ist Mitglied der Olympia.

Innsbruck: In Innsbruck steht direkt neben dem Inn bis heute ein monumentales Burschenschafter-Denkmal mit der Inschrift -> Ehre, Freiheit, Vaterland. Das Denkmal ist inzwischen ein positives Beispiel für eine gelungene Kontextualisierung. Die Begriffe Ehre, Freiheit und Vaterland wurden jeweils mit blutiger Schrift mit der Frage “Welche/s” überschrieben.

Bild: Michael Bonvalot

In das Denkmal nachträglich eingelassen wurde die Erinnerung an den von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfer Christoph Probst sowie an die Innsbrucker Uni-Absolventen Ignacio Ellacuria und Segundo Montes, die 1989 von faschistischen Militärs in San Salvador ermordet wurden.

Jägerschaft: Auch: Studentische Jagdverbindung. Deutschnationale Studentenverbindung

Kommers: Festliche Zusammenkunft von Student:innenverbindung, oft mit einem eindeutig politischen Charakter

Korporation: Anderer Name für Student:innenverbindung. Mitglied einer Student:innenverbindung sind also “Korporierte”. Umfasst sowohl die -> Aktivitas wie die -> Alten Herren und -> Hohen Damen.

Krambambuli: Ein Getränk, das in Verbindungskreisen beliebt ist, auch bekannt als -> Feuerzangenbowle. Der vor allem intern bekannte Begriff hat in Österreich für Aufsehen gesorgt, nachdem er in einem der Bekennerschreiben der Nazi-Terrororganisation “Bajuwarische Befreiungsarmee” (BBA) verwendet wurde.

Die BBA hat 1995 vier Menschen aus der Minderheit der Roma ermordet und über mehrere Jahre zahlreiche weitere durch (Brief)-bomben teils schwer verletzt. Als Einzeltäter verurteilt wurde schließlich Franz Fuchs, der allerdings keinerlei bekannte Verbindungen zum Korporierten-Milieu hatte. Zu dieser Einzeltäter-These gibt es bis heute zahlreiche offene Fragen, die ich hier aufgeschrieben habe.

Landsmannschaft, auch Grenzlandsmannschaft: Deutschnationale Studentenverbindung

Lebensbundprinzip: Die Mitgliedschaft in einer -> Student:innenverbindung ist lebenslang. Nach dem Ende der aktiven Zeit werden die Mitglieder-> Alte Herren und -> Hohe Damen. Bei Veranstaltungen ihrer Verbindung und auch bei überregionalen Treffen der -> Dachverbände sind sie oft weiterhin mit dabei. Auch deshalb sind die Verbindungen ein wichtiges Karrierenetzwerk.

Leibbursch: Älteres Mitglied einer Verbindung, das einem jungen Mitglied zur Seite gestellt wird. Daraus entsteht ein sogenanntes Leibverhältnis. So war etwa Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache der Leibbursch von Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, beide waren oder sind Mitglied der Wiener -> Pennalverbindung Vandalia. Das Leibverhältnis der beiden ist allerdings dem Vernehmen nach deutlich abgekühlt, nachdem sie unfreiwillig auf Ibiza zu Videostars wurden.

Mädelschaft: Deutschnationale Studentinnenverbindung.

Männerbünde: Die Verbindungen sind eindeutige Männerbünde. Es gibt zwar einige wenige -> Mädelschaften, doch die müssen sich getrennt organisieren und dürfen auch nicht Mitglied der männlichen Dachverbände sein.

Martin Bartenstein: ÖVP-Minister in verschiedenen Ressorts zwischen 1994 und 2008. Wirtschaftsminister der ersten schwarz-blau/orangen Bundesregierung ab dem Jahr 2000. Ausnahme in der Geschichte der Zweiten Republik, weil Bartenstein als ÖVP-Politiker dennoch Mitglied einer deutschnationalen Verbindung war und ist, des Akademischen Turnvereins Graz. Hintergrund könnte die stark deutschnational geprägte Geschichte der ÖVP Steiermark sein.

Mensur: Das Fechtritual der Verbindungen, es wird beim “Pauken” gelernt. Die Mensur wird mit einem -> Schläger geschlagen, einer scharfen Fechtwaffe. Die Kontrahenten stehen sich mit einem festen Abstand gegenüber, daher kommt auch der Begriff: Das Wort “Mensur” leitet sich vom lateinischen “Mensura” ab, also “Maß” oder “Abmessung”. Unterschieden wird zwischen “pflichtschlagenden”, “fakultativ schlagenden”, “frei schlagendenden” und “nicht schlagenden” Verbindungen.

Bei pflichtschlagenden Verbindungen muss eine “Bestimmungsmensur” geschlagen werden, die Mitglieder müssen also eine Mensur fechten. Fakultativ (=freiwillig) schlagend bedeutet: Die Mitglieder müssen üblicherweise zwar fechten lernen, aber es muss keine Mensur geschlagen werden. Frei schlagende Verbindungen erlauben das Fechten, doch es gibt keine Verpflichtung dazu. Die katholischen Verbindungen sind generell nichtschlagend.

Bild: Michael Bonvalot

Die deutschnationalen Verbindungen in Österreich sind meist pflichtschlagend oder mindestens fakultativ schlagend. Beim Fechten einer Mensur können schwere Verletzungen im Gesicht die Folge sein, darunter auch der sogenannte -> Schmiss.

Nazis: Die deutschnationalen Verbindungen verbreiten gerne die Legende, dass sie von der NSDAP aufgelöst worden wären. Tatsächlich war es vor allem eine Selbstauflösung, die Verbindungen gingen danach im NS-Studentenbund auf. Die Verbindungen waren eine wichtige Kader-Reserve der Nazis. Das hat sich bis heute nicht geändert.

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Österreicher: Die österreichischen Verbindungen gelten innerhalb des deutschsprachigen Raums als besonders weit rechts stehend. Innerhalb des Dachverbands -> Deutsche Burschenschaft etwa dominieren österreichische Verbindungen die Fraktion -> Burschenschaftliche Gemeinschaft, die am äußersten rechten Rand steht. Dementsprechend sind in Österreich auch auffallend viele Verbindungen pflichtschlagend -> Mensur.

Verantwortlich dafür ist neben historischen Gründen vor allem die enge Verbindung zur -> FPÖ. Diese hat mit Aufstiegsmöglichkeiten und öffentlicher Legitimation dafür gesorgt, dass die Verbindungen nach 1945 ihre NS-geprägte Tradition beibehalten haben. -> Nazi.

Österreichischer Turnerbund: Der ÖTB ist ein einflussreicher österreichischer Turnverband. Er sieht sich in der deutschnationalen Tradition von Friedrich Ludwig Jahn, einem der Gründer der -> Urburschenschaft. Bis heute verwendet der ÖTB das Jahn´sche Motto “Frisch, fromm, fröhlich, frei!”. Die vier “F” formen dabei oft ein Symbol, das an ein Hakenkreuz erinnert. Über die -> Akademischen Turnverbindungen gibt es direkte Verknüpfungen mit dem verbindungsstudentischen Lager. Das deutsche Gegenstück ist der Deutsche Turnerbund (DTB).

Pennälerverbindungen: Schüler:innenverbindungen, mit denen bereits Jugendliche für das deutschnationale Lager und für extrem rechte Ideologien rekrutiert werden. Bereits in der Pennalie wird gefochten. Oft sind die Pennalverbindungen in kleineren Städten bereits seit Jahrzehnten im Ort integriert, ihr extrem rechter Hintergrund wird kaum mehr thematisiert.

Das Verbindungshaus der Burschenschaft Wiking in Mödling, einer großen Schulstadt südlich von Wien. Bild: Michael Bonvalot

In Österreich hat der Dachverband “Österreichischer Pennälerring” nach eigenen Angaben gegenwärtig rund 60 Mitgliedsverbindungen in allen Bundesländern. Vorsitzender des ÖPR ist der Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete Udo Guggenbichler.

Rassismus: Am Burschentag der -> Deutschen Burschenschaft forderte 2011 die “Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn” eine Art Ariernachweis. Der Anlass: Ein deutscher Staatsbürger mit chinesischen Eltern sollte nicht Mitglied einer DB-Verbindung sein dürfen. Die Raczeks sind innerhalb der DB wie die meisten österreichischen Verbindungen Mitglied der Rechtsaußen-Fraktion -> Burschenschaftliche Gemeinschaft. Eine besondere Freundschaft pflegen die Raczeks zur Wiener Burschenschaft Teutonia sowie der Münchner Burschenschaft Danubia. Gemeinsam bilden diese drei Burschenschaften das “Ostdeutsche Kartell” -> Dachverbände.

Das Verbindungshaus der Teutonia in Wien. Bild: Michael Bonvalot

Revolution von 1848: Burschenschaften verweisen gerne auf ihre vermeintlich bürgerlich-demokratischen Traditionen. Diese hätten sich in Österreich und Deutschland bereits in der Teilnahme an der Revolution von 1848 gezeigt. Tatsächlich haben viele Verbindungsstudenten an dieser Revolution teilgenommen. Das ändert allerdings nichts daran, dass viele Verbindungen bereits zu diesem Zeitpunkt vom -> Antisemitismus durchseucht waren.

Nach der Niederlage der Revolution von 1848 ging das Lager dann endgültig auf die Seite der Reaktion über. Bereits bei der Revolution 1918 wurden viele Verbindungstudenten Mitglied bewaffneter rechter Verbände, in Deutschland etwa der Freikorps. Danach begann mit zentraler Unterstützung aus dem verbindungsstudentischen Lager der Aufstieg der-> Nazis.

Student:innenverbindung: Die deutschnationalen Verbindungen werden oft auf die Burschenschaften reduziert. Das ist eine Einengung des Blicks, die problematisch ist. Denn tatsächlich stellen die -> Burschenschaften nur eine Minderheit des deutschnationalen Verbindungswesens dar. Gleichzeitig hat sich der Begriff mittlerweile so sehr eingebürgert, dass es schwer ist, ihm zu entkommen. Das zeigt bereits der Titel dieses Artikels.

Neben den Burschenschaften gibt es auch:

  • Akademische Turnverbindungen
  • Corps
  • Damenverbindungen
  • Fachstudentische Verbindungen
  • Ferialverbindungen
  • Fliegerschaften
  • Gilden
  • Jägerschaften
  • Landsmannschaften
  • Mädelschaften
  • Sängerschaften
  • Vereine Deutscher Studenten

Ring freiheitlicher Studenten (RfS): Studierendenorganisation der FPÖ, traditionell von Verbindungsstudenten geprägt.

Sängerschaft: Deutschnationale Studentenverbindung

Scharnierfunktion: In den Student:innenverbindungen vereinigt sich das gesamte extrem rechte Lager. Von der -> FPÖ über die -> Identitären bis zur offenen -> Naziszene. Hier können jenseits der Öffentlichkeit einschlägige Kontakte gepflegt werden. Die Verbindungen bedeuten über ihre Verankerung in der -> FPÖ auch politischen Schutz für die Naziszene vor Verfolgung. Dementsprechend sollte es nicht verwundern, dass viele zentrale Kader der österreichische Neonazi-Szene -> korporiert sind. Sichtbar wurde diese Scharnierfunktion in Österreich zuletzt 2023 nach der Verhaftung des einschlägig bekannten Herbert Fritz durch die Taliban.

Verbindungshaus der Olympia in der Wiener Gumpendorferstraße. Bild: Michael Bonvalot

Kurz zuvor hatte er auf der Verschwörungsplattform AUF1 noch einen Reisebericht mit dem Titel “Urlaub bei den Taliban ist sicher” veröffentlicht. Fritz ist -> Alter Herr der Wiener Burschenschaft Olympia. Für seine Freilassung rücken nun seine Verbindungsbrüder aus der Olympia aus. Unter ihnen der -> FPÖ-Abgeordnete Martin Graf, der -> Identitäre Gernot Schmidt und auch die offene -> Naziszene.

Schläger: Die Waffe, mit der die Verbindungen ihre -> Mensuren ausfechten.

Schmiss: Verletzung im Gesicht, die beim Schlagen einer -> Mensur entstehen kann. Während der Schmiss früher oft als Statussymbol galt, wird heute eher versucht, sich das Gesicht nicht mehr verunstalten zu lassen. Wer keinen Schmiss riskieren will, wird wohl zu einer Verbindung gehen, die nicht pflichtschlagend (-> Mensur) ist. Das erklärt möglicherweise auch, warum besonders viele österreichische Kader der Gruppe -> Identitäre bei der Wiener -> Sängerschaft Barden unterkamen.

Siegfriedskopf: Deutschnationales Denkmal, das über Jahrzehnte in der Aula der Universität Wien stand. Traditioneller Treffpunkt der deutschnationalen Verbindungen. Nach vielen Protesten steht das Denkmal mittlerweile mit erklärenden Texten unter Glas im Hof der Uni. Heute hat der Siegfriedskopf seine Rolle als Treffpunkt der Verbindungen verloren. 2002, wo der Kopf noch in der Aula stand, stemmten Antifaschist:innen während eines Protests die Nase des Kopfes ab, wie ich als Augenzeuge beobachten konnte.

Südtirol-Terror: Burschenschaften aus Österreich und Deutschland waren führend am Südtirol-Terror der 1950er und 1960er Jahre beteiligt, sie waren für zahlreiche Anschläge in Südtirol verantwortlich. Immer wieder genannt werden dabei die Burschenschaften Olympia Wien und Brixia Innsbruck. Eine bedeutende Führungsfigur war der Neonazi und Olympe Norbert Burger. Er war auch Vorsitzender der 1988 wegen NS-Wiederbetätigung aufgelösten FPÖ-Abspaltung NDP. Vor seinem Bruch mit der FPÖ war Burger Vorsitzender des -> RfS gewesen. Für Ex-FPÖ-Chef Strache war der Neonazi nach eigenen Angaben ein “Vaterersatz”.

Urburschenschaft: In Jena in Thüringen wurde im Jahr 1815 die sogenannte Urburschenschaft gegründet. Sie ging aus mehreren -> Landsmannschaften hervor und war explizit politisch und deutschnational. Ein wichtiger Protagonist bei der Gründung war der Deutschnationale und -> Antisemit Friedrich Ludwig Jahn, der auch zum Paten der deutschnationalen Turner:innenbewegung wurde.

Bis heute sind in Österreich und Deutschland zahlreiche Straßen, Plätze und Turnhallen nach dem Antisemiten Jahn benannt -> ÖTB. In Deutschland ist er Namensgeber für den Fußballklub SSV Jahn Regensburg. Nicht unwitzig: Das Haus in Jena wo einst die Urburschenschaft gegründet wurde, ist inzwischen ein türkisches Restaurant.

Verein Deutscher Studenten: Deutschnationale Studentenverbindung

Vertagung, auch Sistierung oder Suspension: Einstellung des aktiven Betriebs eine Verbindung, passiert in den letzten Jahren wegen Nachwuchsproblemen immer häufiger. In solchen Fällen sind allerdings meist weiter -> Altherrenvereinigungen vorhanden, die Neubelebungen versuchen, etwa mit Hilfe der eigenen Kinder. -> Lebensbundprinzip.

Wichs: Der Name für die offizielle festliche Bekleidung von Student:innenverbindungen.

Verbindungshaus mit Fahne samt Zirkel in der Altstadt von Salzburg. Bild: Michael Bonvalot

Zirkel: Abzeichen einer Verbindung. In einer verschlungenen Form bildet der Zirkel die Abkürzung des Namens der Verbindung. Dazu gibt es ein Rufzeichen, dessen historische Bedeutung umstritten ist. Bei den deutschnationalen Burschenschaften sind im Zirkel auch die Buchstaben E, F und V enthalten, die für -> Ehre, Freiheit, Vaterland stehen.

Der Artikel wurde am 18.02.2024 um weitere Informationen ergänzt.

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