Die neofaschistische Gruppe Identitäre verwendet in Österreich inzwischen zahllose Tarnnamen – und regelmäßig fallen Medien und Antifaschist:innen darauf rein. Hier sind alle Namen, die die Gruppe verwendet!

  • Zuletzt aktualisiert am 12.04.2023

Es ist ein durchschaubarer Trick. Anstatt immer den gleichen Gruppennamen zu benutzen, werden auf einmal zahlreiche unterschiedliche Begriffe verwendet. So wird Größe suggeriert, so wird eine breitere Bewegung vorgespielt. Bei der neofaschistischen Gruppe Identitäre liegt dieses Verhalten quasi schon in den Genen: Offiziell nennt sich die Gruppe ja selbst großspurig “Identitäre Bewegung”.

Doch eine solche “Bewegung” gab es niemals: Real ist es in Österreich immer der gleiche Kern von höchstens ein paar Dutzend Personen, der unter immer neuen Namen auftritt. Medien verstehen das oft nicht: Sie schreiben dann entweder über diese angeblich neuen Gruppen oder auch über vermeintliche “Splittergruppen” oder “Abspaltungen” der Gruppe Identitäre. Obwohl es immer dieselben Personen sind.

Nicht auf den Trick hereinfallen

Und genau das ist das Ziel: Schon gibt es wieder mehr angebliche “Bewegung”. Eines hat sich allerdings in den vergangenen Jahren tatsächlich mehrmals verändert: Der öffentliche Auftritt der Gruppe. Dahinter allerdings stecken oft eher strategische Neuorientierungen.

In der Gründungsphase ab 2012 traten die Identären vor allem als jugendlich geprägte Propagandatruppe auf. Bei ihren allerersten Störaktionen waren sie auch noch vermummt, es erinnerte an die Nazigruppen, wo der Kaderkern der Identitären sozialisiert wurde. Später versuchte die Gruppe über einige Zeit, parallel auch ältere Personen in parteiartigen Strukturen zu organisieren. Als zentrales Vehikel dazu entstand die Frontorganisation “Die Österreicher” (D05).

Offen militantes Auftreten

Ab Mitte 2021 galt aber wieder die neue (alte) Strategie: Zielgruppe seien jetzt „junge, sportliche Männer”. Das erklärte Gernot Schmidt, ein Wiener Sprecher der Identitären (und gleichzeitig Burschenschafter wie viele aus der Truppe), gegenüber der extrem rechten Plattform „Ein Prozent”. Stark in den Focus rückten damit etwa rechtsoffene Fußballmilieus. Entsprechend passte sich auch der öffentliche Auftritt der Gruppe an.

Sammelpunkt der Gruppe Identitäre für den Corona-Aufmarsch am 18.01.2022 vor dem Wiener Heldentor. Mit grauer Jacke rechts mit Fahne: Jakob Gunacker, Ex-Sprecher von D05, im Hintergrund mit Megaphon: Martin Sellner. Bild: Michael Bonvalot

So trat und tritt die Truppe in Wien – vor allem bei den Corona-Aufmärschen, aber auch bei eigenen Aktionen – inzwischen gern vermummt auf: Mit weißen Schlauchschals, roten Basecaps und Knüppelfahnen. Damit zeigt die neofaschistische Gruppe inzwischen ihre Militanz weit offener als noch vor einigen Jahren. Passend dazu entstanden neue Kanäle im rechten Lieblingsmedium Telegram mit sinnigen Namen wie “Eisenfaust”. (Alles über die rechte Parallelwelt Telegram habe ich hier für euch aufgeschrieben.)

Es wäre nicht mehr zeitgemäß, wenn alle Sympathisant*innen der Gruppe offen und erkennbar auftreten würden, erklärte als Rechtfertigung Identitären-Gesicht Martin Sellner sinngemäß in verschiedenen (und teils enorm langatmigen) Beiträgen. Tatsächlich aber war und ist dieser scheinbar “neue” Auftritt jedenfalls vor allem ein Rückfall in die alten Muster der Neonazi-Strömung “Autonome Nationalisten”. Dort hatten sich manche Kader der Gruppe ihre ersten Sporen verdient.

Wie militant ist die Gruppe?

Gleichzeitig deutete die Rückkehr zu den Ursprüngen auch darauf hin, dass die Versuche, über “Die Österreicher” neue Schichten zu erreichen, wohl nicht wahnsinnig erfolgreich waren. Doch auch diese Strategie wird nicht konsistent eingehalten: So wurde der fast schon totgeglaubte “Österreicher”-Frontname ab 2022 wieder verstärkt hinter dem Ofen hervorgeholt. Ob es sich dabei um eine neuerliche Kehrtwende handelt oder ob versucht wird, parallel verschiedene Zielgruppen anzusprechen – es bleibt abzuwarten.

Und sobald es “hart auf hart” geht, bleibt vom neuen militanten Auftreten oft auch wenig über. So trat die Truppe etwa beim Corona-Aufmarsch in Wien am 08.01.2022 zu Beginn sehr martialisch und mit großem Leitbanner auf. Die Ansage auf dem Banner: “An uns bricht eure Nadel”.

Der Corona-Aufmarsch am 18.01.2022, kurz nachdem die Polizei gekessel hat. Martin Sellner (rechtsaußen), Brittany Sellner (mit Rucksack) und Gernot Schmidt (mit Megaphon). Jetzt mit FFP2-Masken. Bild: Michael Bonvalot

Als die Polizei allerdings kurz darauf am Ring die Marschspitze in einem sehr weitläufigen und lockeren Kessel aufhielt, zog sich die Gruppe sofort an eine Hauswand zurück. Und die Kader rund um Identitären-Gesicht Martin Sellner, die US-Amerikanerin Brittany Sellner (ehemals Pettibone), D05-Sprecher Jakob Gunacker oder Burschenschafter Gernot Schmidt setzten brav ihre FFP2-Masken auf.

Dieses Zurückweichen sollte allerdings auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gruppe – zumindest in Wien, Graz und Linz – offenbar regelmäßig Kampfsport trainiert. Diese Militanz wird oft auch nach außen zelebriert, etwa durch Videos von Sommerlagern der Gruppe.

Mit dem Niedergang der Corona-Bewegung setzt die Gruppe wieder vor allem auf Rassismus – den ideologischen Kernbereich der Gruppe. Parallel werden verstärkt LGBTI-Strukturen und -Menschen ins Visier genommen. Eine Schwerpunktsetzung, die offenbar direkt von der extremen Rechten in den USA übernommen wurde. Und auch hier gibt es wieder eigene Tarnnamen der Identitären. Doch wie könnt ihr die Identitären nun weiterhin erkennen?

Hier sind alle Tarnnamen, die die Gruppe verwendet!

Aktion Rot-Weiß-Rot: Telegram-Kanal der Gruppe Identitäre zur Mobilisierung gegen LGBTI, vor allem zur Störung von Veranstaltungen. Dazu wurde mit “heimatliebe.plus” auch eine URL angekauft, die allerdings aktuell nur auf den Telegram-Kanal führt.

Aktion Solidarität: Mit diesem Namen versucht die Truppe ab August 2022 in Deutschland und Österreich, die Bewegung gegen Teuerungen zu unterwandern.

Aktivismus Wien / Aktivistengruppe Wien: Ein Kanal der Gruppe zur Verbreitung von Propaganda. Unter diesem Namen produziert die Gruppe auch Aufkleber. Die Zugehörigkeit zur Gruppe Identitäre wird dabei teils auch ganz offen gezeigt. So gibt es etwa Aufkleber mit Slogans wie “Identitäre Zone – Wien bleibt unsere Stadt”.

Castell Aurora: Ein öffentliches Zentrum der Gruppe im oberösterreichischen Steyregg. Das Zentrum liegt nahe der Donau unmittelbar gegenüber der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. Finanziert wurde das Zentrum über “Schanze Eins”, eine Finanzierungsplattform der Gruppe im deutschsprachigen Raum mit Sitz in Rostock.

Weitere Zentren in Österreich hat die Gruppe in der Steiermark  ➡️ Kulturverein Kreidfeuer sowie in Wien in der Ramperstorffergasse 31. Hier könnt ihr meinen Bericht über das Wiener Zentrum der Gruppe lesen.

Die Österreicher (D05), dazu Die Wiener, Die Steirer, etc. Die selbst ernannte “Bürgerbewegungwar ab 2020 die Frontorganisation der Gruppe. Unter diesem Namen wurden auch Treffen und Veranstaltungen durchgeführt. Mit dem gesetzlichen Verbot des D05-Symbols in Österreich im Juli 2021 (gemeinsam mit dem IB-Symbol) wurde der Name kaum mehr verwendet, seit Mitte 2022 gibt es ein Revival.

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Eisenfaust – Nonkonforme Ästhetik: Ein Kanal der Gruppe zur Verbreitung ihrer Propaganda.

Heimatkurier: Medienprojekt der Gruppe, wo unter anderem Berichte über Corona-Aufmärsche sowie eigene Aktionen der Identitären veröffentlicht werden.

Kontrakultur: Ein Tarnname, den die Gruppe zeitweise für ihre Auftritte auf Facebook und Insta verwendet(e), nachdem Seiten mit dem Namen “Identitäre” seitens des Meta-Konzerns gelöscht wurden. Bis heute gibt es etwa einen Insta-Kanal “Kontrakultur Salzburg”, der allerdings seit August 2021 nicht mehr bespielt wird. (der Salzburger Ableger der Gruppe dürfte insgesamt weitgehend zusammengebrochen sein).

Angelehnt ist der Name an die “Kontrakultur Halle” in Sachsen-Anhalt. Die war zeitweise einer der wichtigsten lokalen Gruppen der Identären im deutschsprachigen Raum samt eigenem Hausprojekt direkt gegenüber der Universität in Halle. Dieses Zentrum hat die Gruppe allerdings Ende 2019 unter beständigem antifaschistischen Druck verloren.

Kvltgames: Ein Projekt zur Herstellung einschlägiger Computerspiele mit Sitz im Zentrum “Castell Aurora”. Dieses Projekt sichert dabei auch zusätzliche Finanzierungen: So hat Roger Beckamp, Abgeordneter der extrem rechten Afd im Landtag von Nordrhein-Westfalen, ein Stipendium von 500 Euro im Monat über ein Jahr hinweg – also ingesamt 6.000 Euro – für Kvltgames ausgelobt.

Kulturfestung, auch Kulturverein Kreidfeuer: Ein öffentliches Zentrum der Gruppe in einem Dorf in der steirischen Gemeinde Markt Hartmannsdorf, rund 30 Kilometer östlich von Graz.

Patriot Peer: Der Versuch der Gruppe Identitäre ab 2017, eine Art Fascho-Tinder aufzubauen. Die Veröffentlichung wurde immer wieder angekündigt und dann verschoben. Inzwischen ist von diesem groß angelegten Projekt schon lange kein Wort mehr zu vernehmen. Der Versuch ist offenbar gnadenlos gescheitert – nachdem zuvor laufend Spenden eingesammelt wurden. Die Neonazi-Konkurrenz nennt die Identitären seither “Paytrioten”.

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Patrioten in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Kärnten, … Verschiedene Kanäle der Gruppe auf Telegram, die als “patriotische Regionalgruppen” auftreten. Das gleiche Konzept gibt es für verschiedenste Städte in Deutschland, teils auch unter den Namen “Freie Patrioten” oder “Heimatliebe”. Über einen gewissen Zeitraum wurde hier offenbar versucht, via Telegram zu rekrutieren – inzwischen sind die meisten Kanäle allerdings weitgehend tot.

Patriotisches Weinviertel: Eine Gruppe, die dem Milieu der Identitären zuzurechnen ist und versucht, sich regional im niederösterreichischen Weinviertel aufzubauen. Am 10. September 2022 trat die Truppe bei einem Aufmarsch der Identitären in Wien mit einem eigenen Transparent auf.

Widerstand in Bewegung / Patrioten in Bewegung: Diese beiden Namen hat die Gruppe zeitweise verwendet, inzwischen dürften diese Tarnbegriffe aber zumindest in der Bundeshauptstadt durch “Aktivismus Wien” abgelöst worden sein. Auf Aufklebern mit Werbung für einen gleichnamigen Instagram-Kanal der Gruppe wurde auch das Lambda-Symbol der Gruppe Identitäre gezeigt.

Wiener Wehrmänner: Nach dem Verbot der Symbole der Gruppe Identitäre sowie von D05 ist die Gruppe zeitweise unter diesem Namen aufgetreten, meist mit roten Basecaps und Schlauchschals. In letzter Zeit wird der Name öffentlich weniger verwendet.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Vielzahl der verschiedenen Namen auch die Identitären selbst verwirrt. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Faschist:innen vor jeder Aktion zuerst mal bei der “Führung” nachfragen müssen, wie sie heute heißen. Doch immer wieder sind auch Journalist:innen und Aktivist:innen von dieser Vielzahl an verschiedenen Namen überfordert und gehen den Rechten auf den Leim.

Real sind all diese Namen letztlich Schall und Rauch. Es handelt sich immer um Tarnnamen und Frontorganisationen der gleichen Gruppe. So wollen die Identitären sich weit größer darstellen, als sie tatsächlich sind. Darauf muss niemand hereinfallen.

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

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