Die deutschnationale Szene will sich tief im Wald treffen. Die „Festrede“ beim Aufmarsch der Burschenschaften und Völkischen soll ein bekannter FPÖ-Politiker halten.
Ein „Lichterfest“ mit „Feuerrede, Lichter, Liedern, Sprüchen, Sprüngen“ solle es werden. So harmlos klingt die Einladung zur „Sonnwendfeier 2025“, die am 21. Juni in Klosterneuburg bei Wien abgehalten werden soll. Doch tatsächlich ist diese Veranstaltung alles andere als harmlos. Dieser Aufmarsch wird ein zentrales Vernetzungsevent der extremen Rechten.
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Tief im Wald und fern der Öffentlichkeit. Den eindeutigen Charakter belegen schon die Organisationen, die zu dieser „Sonnwendfeier“ aufrufen: „Die Österreichische Landsmannschaft und der Wiener Korporations-Ring laden geziemend zur Sonnwendfeier ein“, heißt es am Titelbild der mehrseitigen Einladung, die mir vollständig vorliegt auch.

Bildzitat: Einladung zur Sonnwendfeier 2025
Und das bedeutet im Klartext: Hier wird ein Aufmarsch der äußersten völkischen Rechten in Österreich beworben.
FPÖ, Burschenschaften, Deutschnationale
Denn sowohl die Österreichische Landsmannschaft (ÖLM) wie der Wiener Korporations-Ring (WKR) sind zentrale Vernetzungsorganisation des deutschnationalen und burschenschaftlichen Lagers: Die ÖLM verbindet die gesamte Szene, von der FPÖ über völkische Student:innenverbindungen bis zur neofaschistischen Gruppe Identitäre. Das ÖLM-Haus an der Ecke Florianigasse/Fuhrmannsgasse in Wien-Josefstadt ist dazu einer der wichtigsten Sammelpunkte der Szene.
Im sogenannten „Schulvereinshaus“ haben zahlreiche deutschnationale Student:innenverbindungen ihren Sitz, auch die neofaschistische Gruppe Identitäre organisiert dort häufig ihre Veranstaltungen. Im Mai 2014 hatte die Gruppe im ÖLM-Haus in diesem Haus ihre erste Pressekonferenz in Österreich abgehalten, im Mai 2024 zeigte RTL dann ein Video, wo eine Frau bei einer Identitären-Party im Haus den Holocaust leugnet.
„Soweit die deutsche Sprache reicht“ – bis China?
Auch der deutsche Identitären-Ideengeber Götz Kubitschek trat bereits in der Fuhrmannsgasse auf. Im ÖLM-Haus ist übrigens auch das bekannte Wiener Lokal „Tunnel“. Alles über die Hauptquartiere der Identitären in Wien habe ich hier für Dich aufgeschrieben. Und die deutschnationale Schlagseite ist eindeutig.
Ein riesiges Zentrum von rechtsextremen und deutschnationalen Organisationen und Burschenschaften steht mitten im 8. Bezirk von Wien. Das Zentrum in der Florianigasse ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, spielt aber eine wichtige Rolle für Wiens extreme Rechte. pic.twitter.com/gNPRFftHYG
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) June 14, 2018
Als Logo verwendet die ÖLM ein Wappen mit den „deutschen Farben“ Schwarz-Rot-Gold – es ist ebenso auf dem Haus in der Florianigasse zu sehen wie auf der Einladung zur Sonnwendfeier. Und die ÖLM-Zeitschrift „Der Eckart“ trägt den ohnehin eindeutigen Untertitel „Soweit die deutsche Sprache reicht“.
Apropos Deutsch: Ebenfalls ins ÖLM-Haus eingeladen wurde AfD-Rechtsaußen Maximilian Krah. Gegen den früheren EU- und heutigen Bundestagsabgeordneten gibt es allerdings Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Bestechung mit Geld aus China. Es gilt die Unschuldsvermutung.
„Schlagend“ blau und braun
Die zweite Organisation, die zur Sonnwendfeier aufruft, ist der Wiener Korporations-Ring (WKR) – also der Dachverband der „schlagenden“ Burschenschaften und Studentenverbindungen in Wien. Die „Korporationen“ sind zweifellos die wichtigsten Scharnierorganisationen des gesamten extrem rechten Lagers in Österreich. Auch der jährliche FPÖ-„Akademikerball“ der FPÖ in der Hofburg hieß noch bis vor wenigen Jahren „WKR-Ball“.
Kein Zufall, der Großteil der führenden männlichen FPÖ-Politiker ist „korporiert“. Ebenso wie die außerparlamentarische extreme Rechte: Identitäre Kader tragen meist ebenso ihr Verbindungsband wie die Anführer der Neonazi-Szene. Bekannte Beispiele: Martin Sellner (Burschenschaft Olympia, Sängerschaft Barden, mutmaßlich Landsmannschaft Waltharia) oder Gottfried Küssel (Turnerschaft Danubo-Markomannia). Der bekannte Neonazi Franz Radl war einst sogar Sprecher des WKR.
Auf den „Buden“ der Verbindungen treffen eben alle Schattierungen der äußersten Rechten zusammen. Praktischerweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Hier habe ich von A bis Z alles für Dich aufgeschrieben, was Du über Burschenschaften wissen musst.
Abgelegen und mitten im Wald
Auch zur Sonnwendfeier auf der Windischhütte wird der Ball eher flach gehalten: Auf den Seiten der ÖLM findet sich zwar Einladungen, der WKR dagegen bewirbt wohl überhaupt nur intern. Auch die Burschenschaft Silesia, derzeit vorsitzende Verbindung des WKR, ist auffällig still. Tatsächlich aber ist das Event für die gesamte Szene ein Fixpunkt im Kalender. Zur Verschwiegenheit passt dann auch der Veranstaltungsort.
Denn der „Landgasthof Windischhütte“, wo das Event stattfinden soll, steht zwar in Klosterneuburg, also direkt nördlich von Wien. Aus der Wiener Innenstadt ist sogar eigens ein Shuttle-Bus zur Hütte angekündigt. Der Gasthof liegt allerdings relativ abgeschieden mitten im Wienerwald. Er hat sogar eine Adresse mit dem eigenen Namen („Windischhütte 30“) – zufällige Besucher:innen sind da eher wenige zu erwarten. Vermutlich ganz praktisch beim Absingen der „alten Lieder“.
Schweigen im Walde
Die Windischhütte ist dabei nicht zum ersten Mal Gastgeberin des Events: Ganz im Gegenteil, die Sonnwendfeier der rechten Szene findet dort bereits seit Jahren regelmäßig im Frühjahr statt. Bereits 2010 berichtete etwa das Profil über das Treiben auf der Windischhütte während einer Sonnwendfeier im Juni 2008: Es gibt NS-Vorwürfe (und es gilt die Unschuldsvermutung).
Die Chefin der Windischhütte, Elfriede Wieshaider, will damals kein Problem erkennen. Sie hätte davon nichts mitbekommen und sie könne „nur Gutes sagen. Das waren ganz normale, ordentliche Leute“, wird sie zitiert. Das Lokal hat auf meine schriftliche Anfrage zur aktuellen Sonnwendfeier nicht reagiert.
Kickl gegen „Kriminalisierung“
Die Festrede bei der Sonnwendfeier 2008 hielt übrigens die damalige niederösterreichische FPÖ-Landesrätin Barbara Rosenkranz, zwei Jahre später ist sie Bundespräsidentschaftskandidatin der Partei. Rosenkranz stand sogar in der FPÖ ganz weit rechts außen: Laut einem Gerichtsurteil durfte sie von der Zeitschrift „News“ gar als „Kellernazi“ bezeichnet werden. Inzwischen hat sie sich mit der FPÖ zerstritten.
Auch der heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl meldet sich damals zu Wort, er ist in dieser Zeit Generalsekretär der FPÖ. Er wäre gegen die „Kriminalisierung von Sonnwendfeiern“. Und das sei doch „eine normale Veranstaltung“ gewesen.
Menschen verbrennen als „Pflichtlied“
Wer bei dieser „normalen“ Sonnwendfeier willkommen ist, zeigt die Einladung für das Jahr 2025: Es solle ein „Lichterfest für unsere Heimat mit Studenten, Turnern, Jungen und Junggebliebenen“ werden. Die „Studenten“ sind ein offensichtlicher Hinweis auf die deutschnationalen Verbindungen. Und mit den „Turnern“ sind einschlägige Organisationen wie der „Wiener Akademische Turnverein“ (WATV) gemeint. Und diese deutschnationalen Turnverbindungen sind bemerkenswerte Organisationen.

Ganz links im Bild mit Dachterasse: Die Bude des WATV auf der Wiener Mölkerbastei, direkt gegenüber der Hauptuni. Bild: Michael Bonvalot
So ist etwa der WATV ist gleichzeitig eine schlagende WKR-Studentenverbindung und eine Mitgliedsorganisation im deutschnationalen „Österreichischen Turnerbund“ (ÖTB). Ähnlich aufgestellt sind „Akademische Turnverbindungen“ in anderen österreichischen Universitätsstädten. Eines der Pflichtlieder beim ÖTB handelt bis heute davon, wie Menschen im Ofen verbrannt werden. Diese Geschichte – und sehr viel mehr über den ÖTB und auch den WATV – habe ich hier für Dich aufgeschrieben.
Ein bekannter FPÖ-Politiker hält die Festrede auf der Sonnwendfeier
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Die Festrede bei der Sonnwendfeier 2025 in Klosterneuburg soll ein bekanntes Gesicht halten: Angekündigt ist der FPÖ-Politiker Elmar Podgorschek. Und der ist in der FPÖ sogar eine sehr bekannte Größe.
Der Oberösterreicher ist immerhin ehemaliger Abgeordneter zum Nationalrat und zum Bundesrat, dazu war er auch Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung. Inzwischen ist Podgorschek offiziell nur noch Ersatzmitglied im Gemeinderat von Ried im Innkreis – doch politisch hat er offensichtlich weiter seine Finger im Spiel. Und Podgorschek ist ebenfalls Teil der Burschenschafter-Szene.
Laut Einladung ist der blaue Politiker „Alter Herr“ sowohl der Schülerverbindung „Germania zu Ried“ wie der Wiener „Grenzlandsmannschaft Cimbria“. Die Cimbria, der in der Schrankgasse am hippen Spittelberg ein ganzes Haus gehört, kann sogar innerhalb dieser Szene nochmals als besonders problematisch gelten. Und auch die Gesinnung von „Festredner“ Podgorschek lässt wenig Zweifel offen.
„Lieber bayerisch sterben, als österreichisch verderben“
So sagte der FPÖ-Politiker etwa 2018 laut Transkript bei einem Vortrag für die AfD: „Lieber bayerisch sterben, als österreichisch verderben“. Das Transkript vermerkt an dieser Stelle ein johlendes Publikum. Eingeladen wurde Podgorschek damals vom Landesverband Thüringen, also der Landesorganisation von Faschist Björn Höcke. Motto des Vortrags: Was die AfD von der FPÖ lernen kann. Und auch in Österreich hat Podgorschek auffällige Gesellschaft.

Magnet in jüngeren Jahren im weißen Hemd. Links von ihm mit Sonnenbrille Neonazi-Gesicht Gottfried Küssel, rechts der einschlägige Führungs-Kader Felix B. Vor ihm Ex-FPÖ-Abgeordneter Elmar Podgorschek (5.v.r.).
So zeigt ein älteres Foto „Festredner“ Podgorschek in schwarz-rot-goldener Burschenschafter-Kluft, hinter ihm einige sehr eindeutige Gestalten: Neonazi-Gesicht Gottfried Küssel, der ebenfalls einschlägig bekannte Felix B. sowie ein junger Stefan Magnet. Alle drei sind offenbar einheitlich gekleidet.
Wie klein doch die Welt ist
Heute ist Magnet das Gesicht des rechten Verschwörungssenders AUF1, früher war der Oberösterreicher Nachwuchskader des damals noch aktiven „Bund freier Jugend“ (BfJ). Kritiker:innen warfen dem BfJ neonazistische Gesinnung vor. Und wie klein doch die Welt ist: In der Zeit, wo Podgorschek Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung ist, gibt es auch fette Aufträge für die Werbeagentur von Magnet. Wie klein diese Welt ist, zeigt sich auch noch an einer anderen Stelle der Sonnenfeier-Einladung.
Denn zusätzlich zum Aufruf für die Sonnwendfeier gibt es auch noch eine Buchempfehlung: Für die „Eckartschrift 261“, also ein Büchlein aus dem eigenen Haus. In diesen Kreisen wird der Name der Reihe übrigens selbstverständlich in altdeutscher Frakturschrift geschrieben.
„Das Reich zu schirmen“
Titel der Publikation: „Schillers Freiheitsideal. Wie wir Rechten denken.“ Dazu wird ein Zitat abgedruckt, wonach es „der Freien einzige Pflicht“ sei, „das Reich zu schirmen“ [also zu schützen]. Soweit, so erwartbar in diesen Kreisen. Doch enorm auffällig ist der Autor dieser „Eckartschrift“.
Denn dabei handelt es sich um Norbert Nemeth – und der ist einer der wichtigsten Spitzenfunktionäre der FPÖ. Bereits seit 2006 ist Nemeth Direktor des FPÖ-Parlamentsklubs, seit 2017 ist er Präsident des FPÖ-Think Tanks „Atterseekreis“, dazu ist er Mitglied der Bundesparteileitung der FPÖ und seit 2025 auch Nationalratsabgeordneter.
„Mit sechs Millionen Juden“
Und auch Nemeth ist Burschenschafter: Korporiert ist er bei der Wiener Burschenschaft Olympia, über deren Gesinnung es keinerlei Zweifel geben kann. So luden die Olympen einst den deutschen Neonazi-Sänger Michael Müller auf ihre „Bude“ ein. Einer der „Hits“ von Müller: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an“.
Ebenfalls Mitglied der Olympia: FPÖ-Abgeordneter Martin Graf, das Wiener Identitären-Gesicht Gernot Schmidt oder auch Herbert Fritz, Mitbegründer der Neonazi-Partei „Nationaldemokratische Partei“ (NDP). Auch hier kommt wieder alles zusammen. 2023 verschätzte sich Fritz allerdings gewaltig: Da fuhr er nach Afghanistan, um zu belegen, dass das Land sicher genug für Abschiebungen aus Österreich wäre. Das lief eher nicht so gut.
Fritz verbrachte danach neun Monate im Taliban-Knast, bevor er im Februar 2024 freigelassen wurde. Ob er seither anders über die Sicherheit in Afghanistan denkt, ist nicht dokumentiert. Ebenfalls nicht bekannt ist, ob die genannten Personen auch an der Sonnenfeier teilnehmen werden. Doch es wäre keineswegs überraschend.
Das hat nicht so gut geklappt
Die Kampagne für die Freilassung von Fritz vereinte dann wiederum alle Spektren der äußersten Rechten – von der FPÖ über Identitäre bis zur offenen Nazi-Szene. Sehr beliebt in der Szene scheint auch die Broschüre von Nemeth zu sein: Denn die wird nicht nur auf der Einladung zur Sonnwendfeier beworben.
Sondern unter anderem auch auf einem Telegram-Kanal, der der Neonazi-Gruppe „Alpen Donau“ rund um Gottfried Küssel zugerechnet werden kann. Auch hier zeigt sich erneut: Die deutschnationalen Studentenverbindungen und die angeblichen Traditionsvereine sind eben die zentralen Scharnierorganisationen der gesamten extremen Rechten in Österreich.
Bei den schlagenden WKR-Verbindungen und der ÖLM wächst dann alles zusammen – in den meisten Fällen, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommen. So wäre es wohl auch für die Sonnwendfeier am 21. Juni in Klosterneuburg bei Wien geplant gewesen. Tja … das hat nicht geklappt.
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