Auf Corona-Aufmärschen in Wien und Oberösterreich marschieren jetzt Personen in Uniformen, die der Polizei zum Verwechseln ähnlich sehen. Wer steckt dahinter? Und wie faschistisch ist die Truppe? Jonas Reis und Michael Bonvalot haben es sich angesehen.

Mehrere “Securities” und “Personenschützer*innen” in polizeiähnlichen Uniformen sorgten jüngst bei Corona-Demonstrationen in Wien und in Steyr für Aufsehen. In Wien tauchten sie bei der von der FPÖ veranstalteten Demonstration gegen die Impfpflicht am 15. Jänner 2022 auf. Am Tag darauf war die Truppe im oberösterreichischen Steyr im Einsatz.

In Wien positionierte sich die Truppe während der Formierung des Demo-Zuges am Ring sogar an der Demo-Spitze, mitten unter den “echten” Polizist*innen. Vor Ort anwesende Journalist*innen und Beobachter*innen hatten das sofort veröffentlicht. Denn so etwa stellt potentiell sehr gefährliche Situation dar – wenn sich etwa bedrohte Journalist*innen oder Passant*innen an die Fake-Polizei wenden.

Für Laien sind diese Personen auf den ersten – und wohl auch zweiten Blick – nicht als echt oder unecht zu identifizieren. Doch kann es überhaupt legal sein, Uniformen im gleichen Farbton wie die offiziellen Polizeiuniformen zu tragen, mit identisch aussehenden Barretts, ähnlichen Schuhen und Abzeichen auf der Uniform?

Ein faschistisches Symbol am Ärmel

Im Sicherheitspolizeigesetz gibt es im §83 eine Bestimmung, die so etwas klar verbietet. Verboten ist “das Tragen einer Uniform oder von Uniformteilen, die auf Grund ihrer Farbgebung und Ausführung geeignet sind”, den Anschein einer Polizeiuniform zu erwecken. Und die Uniformen der Truppe sind offensichtlich jenen der österreichischen Polizei so nahe wie möglich nachempfunden. Lediglich die typische Gurtausstattung mit Pistole und Schlagstock fehlt – an deren Stelle baumelte in Wien lediglich eine Cola-Flasche.

Statt “Polizei” steht “Personenschutz” oder “Security” am Uniformrücken sowie klein auf der Brustseite. Dort ist auch eine Art “Dienstausweis” angesteckt. Und besonders beachtlich: Statt dem Bundesadler trägt die Gruppe als Ärmelabzeichen einen Doppelkopfadler ohne Hammer und Sichel und ohne “gesprengte Kette” – das Zeichen der Befreiung vom Nationalsozialismus. Eine Überprüfung zeigt: Tatsächlich trägt die Gruppe als Logo ganz offen das Wappen des Austrofaschismus!

Und diese Personen waren offenbar sogar bewaffnet. Der Twitter-User @allesmittelgrau, der die Aufmärsche regelmäßig beobachtet, berichtet von Handschellen und Kabelbindern. Laut einem Sprecher der Wiener Polizei gegenüber dem ORF war die Truppe sogar mit Pfefferspray bewaffnet. Die Truppe selbst, die sich “Personenschutz Österreich” nennt, sagt in einem Eintrag auf Facebook, das Pfefferspray wäre eine “Erfindung”.

Die Landespolizeidirektion (LPD) Wien war rasch über die “Personenschützer” und “Securitys” informiert, das zeigt die Kommunikation auf Twitter. Trotz dieser Aufmachung – und obwohl es eigentlich Gesetze dagegen gibt, sich als Polizei auszugeben – sah die LPD Wien zunächst überhaupt keinen Grund zu einer Amtshandlung. Nach einer ersten Identitätsfeststellung twitterte die LPD Wien um 14:10 Uhr: ”Die Personen wurden kontrolliert. Bei der Überprüfung wurde kein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen festgestellt.”

Währenddessen tauchten immer mehr Fotos von den “falschen Polizisten” auf, auch Medien griffen das bald auf. Mitunter waren sie von den echten Polizist*innen im Getümmel der verschiedenen Einheiten vor Ort nicht zu unterscheiden – vermutlich auch für die Polizist*innen selbst. Sie bewegten sich teils auch mitten in der Polizei. Auf diesen Bildern und Videos ist das Problem gut erkennbar.

Erst mehrere Stunden nach den ersten Fotos und Hinweisen auf Twitter verkündete die LPD, dass es sich wohl doch um eine “Übertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz” handle. Warum nicht sofort gehandelt wurde, sondern erst, nachdem die Bilder bereits große Kreise zogen und für viel Aufregung sorgten?

Der Polizei ist es lange Zeit offenbar egal

Das wird von der Pressestelle der LPD Wien mit Verweis auf “die Judikatur des Landesverwaltungsgerichts” begründet – was auch immer das bedeuten mag. Denn die gesetzliche Lage wäre eigentlich von Beginn an eindeutig gewesen. Eine Woche zuvor hatte es seitens der LPD Wien übrigens sogar noch in Hinblick auf einen Demonstranten mit einem langen Pfeil geheißen, die Bewaffnung sei gestattet, da sie ein “Kostüm” sei.

Erst gegen 17:20 Uhr tauchte dann ein Foto von einer neuerlichen Amtshandlung der LPD Wien gegen ihre vermeintlichen “Kolleg*innen” auf. Erst dann mussten die “falschen Polizist*innen” ihre Uniformen auch ausziehen.

Doch bereits am nächsten Tag, dem 16. Jänner, tauchte die Gruppen auf einer Corona-Demo in Steyr wieder auf – dieses Mal zu viert. Das Polizeikommissariat Steyr bestätigt uns gegenüber vier Anzeigen gegen die Gruppe wegen der unzulässigen Uniformierung. Während des Aufmarsches durfte die Gruppe aber offenbar mitmarschieren, wie Videos zeigen.

https://www.instagram.com/p/CY1fE53I1ng/

Wer steckt dahinter? 

Die Truppe nennt sich selbst “Personenschutz Österreich” und ist auch auf Facebook aktiv. Die Seite wird zwar schon seit 2013 betrieben, zählt aber weniger als 300 “Fans”. Aus den Postings und Fotos geht allerdings hervor, dass es sich insgesamt um mehr als ein Dutzend Personen handeln dürfte – es sind also offensichtlich deutlich mehr Personen involviert als die drei bzw. vier Personen in Wien und Steyr. Die Gruppe dürfte vor allem im Veranstaltungsbereich (Zeltfeste, Partys, Messen) als Securities tätig sein. Als Sitz wird Linz angegeben, eine Firma mit diesem Namen ist zumindest im FirmenABC allerdings nicht aufgeführt.

Doch die Spuren führen eindeutig nach Oberösterreich: Das zeigen etwa zahlreiche Werbepostings für einen Limousinen-Verleih in Thalheim bei Wels und auch die Messen und Zeltfeste, wo die Truppe aktiv ist. Laut Selbstbeschreibung will die Truppe alle Bereiche des Veranstaltungsschutzes abdecken, etwa “Türsteher”, “Leibwächter” oder “Personenschützer”. Die Truppe wäre “Bei bedarf Bewaffnet”, heißt es (Rechtschreibfehler im Original).

Ausrüstungsmäßig scheinen der Fantasie der “Personenschützer” aktuell wenig Grenzen gesetzt zu sein – sogar inklusive laut Fotos vorhandener Anhaltekelle. Damit könnte die Truppe in Kombination mit ihren “realistischeren” Polizei-Uniformen problemlos eine Verkehrskontrolle als “Zivilstreife” durchführen. Und gleichzeitig ist die Gruppe auch politisch aktiv.

Posen mit Kickl

Ein Foto auf der Facebook-Seite zeigt etwa einen der “Personenschützer”, wie er mit FPÖ-Chef Herbert Kickl posiert. In der Hand hält er dabei ein überdimensionales Schild mit der Aufschrift “Personenschutz Österreich Im Einsatz!”.

[Du kannst das folgende Banner wegklicken und danach weiterlesen. Du kannst über das Banner auch sehr gern künftige Recherchen mit Meinung und Haltung unterstützen.]

Auf der Seite findet sich auch der offene Brief der selbsternannten “Polizisten für Freiheit und Grundrechte” an Innenminister Gerhard Karner. In dem Brief machen diese – angeblich 600 – Polizist*innen gegen die Impfpflicht Stimmung und solidarisieren sich mit den Corona-Aufmärschen.

Die Zahl 600 kann unabhängig nicht überprüft werden, öffentlich unterschrieben haben drei Personen aus dem Polizeiapparat. Zumindest einer der drei öffentlichen Unterzeichner*innen ist FPÖ-Funktionär.

Wirres Posting

Nach dem Aufmarsch meldet sich die Gruppe dann am 18. Jänner auch selbst per Facebook zu Wort – in einem äußerst wirren Posting. Dort weist die Truppe die in ihren Augen unfairen Medienberichte über sie zurück – und fühlt sich als Opfer von “Antifa Hobby Fotografen” und “Google-Juristen”. Eine Nähe zur FPÖ wird nun zurückgewiesen.

 

Weiters heißt es wörtlich: “Und naja dumm sind wir auch nicht der Medienrummel ist gelungen und dennoch waren wir rechtlich im grünen Bereich!” Nicht gänzlich humorlos, nachdem es sowohl in Wien wie in Steyr Anzeigen setzte.

Fassen wir zusammen: Auf Corona-Aufmärschen in Österreich marschiert eine Truppe in Uniformen, die jenen der Polizei teils täuschend ähnlich sehen. Sie ist eindeutig der Corona-Szene zuzuordnen. Die Truppe ist mit Kabelbindern und Handschellen bewaffnet, möglicherweise sogar mit Pfefferspray – obwohl Waffen für Teilnehmer*innen von politischen Versammlungen eindeutig verboten sind. Und als Erkennungszeichen und Logo trägt die Gruppe ein faschistisches Wappen. Es ist höchste Zeit, hier genauer hinzusehen.

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