Bergwerksknappen und Bauern fordern im großen Aufstand von 1525 die Habsburger-Diktatur heraus. Die Minenarbeiter kämpfen mit frühkommunistischen Forderungen.


Sie kämpften gegen „Pfaff und Adel“: 1525 hatten die Bergleute und Bauern in Salzburg und der angrenzenden steirischen Stadt Schladming die Herrschenden vertrieben.  Doch dann kehrt der habsburgische Kommandant Niklas Graf Salm mit einer großen Streitmacht zurück und bringt Feuer und Schwert.

Salm ist heute vor allem bekannt, weil er 1529 die Verteidigung Wiens gegen eine osmanische Belagerung organisierte. Weit weniger bekannt ist, dass Salm ein brutaler Mörder und Schlächter gegen die demokratischen Aufstände der Bauern und der frühen Arbeiter:innenbewegung war. Wolfgang Maderthaner beschreibt es in seinem lesenswerten Buch „Zeitenbrüche. Sozialrevolutionäre Aufstände in habsburgischen Landen“.

Die Reaktion der Habsburger-Diktatur: Schladming wird bis auf die Grundmauern niedergebrannt, erst vier Jahrhunderte später, nach dem Ende des Habsburger-Diktatur im Jahr 1918, bekommt die Stadt ihr Stadtrecht zurück. Zahlreiche Menschen werden nach der Niederlage von den Habsburgern exekutiert, die Familien werden vertrieben, ihr Eigentum wird für verfallen erklärt, ihre Häuser werden niedergebrannt.

Erste Traditionen der Arbeiter:innenbewegung

Doch der Aufstand nimmt damit erst an Fahrt auf. Die Erzknappen ziehen sich in die Bergwerksbezirke im Gebirge zurück, die schwer zugänglich sind. Dort hatten sie erste Traditionen der Arbeiter:innenbewegung entwickelt, wie soziale Gleichheit, Gerechtigkeit, gleiches Recht und eine Wirtschaftsordnung, die auf Gemeineigentum zielte. Auch das beschreibt Maderthaner in seinem Buch. Und der Aufstand ist gleichzeitig auch eine Rebellion gegen die katholisch geprägte Ordnung: In weiten Teilen Österreichs setzt sich der Protestantismus durch. Habsburg wird den Katholizismus in den folgenden Jahren nur mit brutaler Unterdrückung wieder neu verankern können.

Große Aufstände gegen die Habsburger-Diktatur gibt es auch in Tirol und Vorarlberg. Ein Zentrum der Bewegung ist Schwaz – damals mit 20.000 Einwohner:innen nach Wien die größte Stadt des Habsburger-Reichs. In Schwaz werden in dieser Zeit 85 Prozent des europaweit geförderten Silbers produziert, mit Aufständen können die Knappen Feiertagszugeständnisse und andere Freiheiten durchsetzen.

Republikanisch und frühkommunistisch

Doch das reicht den Knappen bald nicht mehr, sie übernehmen die Macht: In Schwaz, Telfs und Hall erheben sich die Arbeiter:innen, rund 9000 schwer bewaffnete Erzknappen erobern das gesamte Montanrevier. Bald folgen Aufstände in Salzburg und der Obersteiermark. All diese Aufstände sind dabei nicht isoliert, sie sind Teil des großen Deutschen Bauernkriegs von 1525.

Ein wichtiger Anführer ist der Tiroler Michael Gaismair, er propagiert eine neue Tiroler Landordnung. Gefordert werden allgemeine Rechtsgleichheit, die Abschaffung des Adels, die Säkularisierung der Klöster, die Verstaatlichung der Bergwerke sowie eine umfassende Armenfürsorge. Es ist eine republikanische und frühkommunistische Gesellschaftsordnung.

Doch auch die Herrschenden formieren sich: Niklas Graf Salm bekommt von Erzherzog Ferdinand den Auftrag, den Sturm auf die Revolutionäre vorzubereiten. Und als die Habsburger im Sommer 1526 gewinnen, ermorden sie zahlreiche Menschen, verhängen schwere Kerkerstrafen, Arbeitsverbote und Landesverweise.

Sympathie für die Osmanen

1529 stehen dann osmanische Truppen vor Wien, also nur drei Jahre nach dem großen Aufstand. Und Salm steht als „Verteidiger Wien“ auch symbolisch für das internationale Bild: Denn der Krieg zwischen den Habsburgern und dem Osmanischen Reich wird heute gerne als Religionskrieg dargestellt. Tatsächlich kämpfen hier zwei Herrscherdynastien gegeneinander – es geht um die Kontrolle in Südosteuropa und am Balkan.

Das Osmanische Reich ist dabei übrigens wesentlich toleranter gegenüber anderen Religionen als die katholischen Habsburger. So können Jüd:innen und Christ:innen im Osmanischen Reich weitgehend unbehelligt leben, während vor allem Protestand:innen und Jüd:innen in katholischen Staaten verfolgt und ermordet werden. Wir können damit davon ausgehen, dass viele Menschen im damals protestantischen Österreich applaudiert hätten, wenn das blutige Habsburger-Regime gefallen wäre. Und wenn der verhasste Graf Salm getötet worden wäre.

Geschichte wird heute sehr gerne als Geschichte der Herrschenden erzählt: Dieser Kaiser hätte gegen jenen König gekämpft; diese Prinzessin hätte jenen Prinzen geheiratet. Doch Geschichte ist auch und vor allem eine Geschichte der Kämpfe zwischen den Klassen. Und diese Geschichte sollten wir nie vergessen.

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