Verschwörungsgruppen gegen Windkraft fliegen in Niederösterreich aus immer mehr Lokalen. Die Rolle der schwarz-blauen Landesregierung in der Sache ist allerdings fragwürdig.

Ich solle zur Kenntnis nehmen, dass er sich dafür „überhaupt nicht interessiere“. Das hatte mir der Chef des Kulturzentrums „Ignaz Pleyel“ noch im März geschrieben – nachdem ich ihn gefragt hatte, warum sich in seinem niederösterreichischen Zentrum einschlägige Windkraft-Verschwörungsgruppen treffen.

Die Veranstaltungen der Windkraft-Truppe wurden davor sogar auf einem Telegram-Kanal beworben, der den Neonazis rund um Gottfried Küssel zuzurechnen ist. Die lapidare Antwort von Pleyel-Vorstand Adolf Ehrentraud auf meinen diesbezüglichen Hinweis: Politik hätte für ihn nicht die „oberste Priorität“.

Die Verbindungen könnten allerdings noch weit tiefer reichen: Auf einem weiteren Telegram-Kanal namens „Ignaz Pleyel Zentrum“ werden regelmäßig einschlägige Verschwörungs-Plattformen beworben, etwa „Report 24“ oder „Epoch Times“ – eine Plattform mit einem bekannten Naheverhältnis zur Falun-Gong-Sekte, die mit Geldwäschevorwürfen konfrontiert ist.

Auch hier schließen sich Kreise: Eine der treibenden Kräfte der Windkraft-Truppe, Angelika Starkl, schreibt regelmäßig auf Report24. Mehr zu den dubiosen Hintergründen der Truppe habe ich hier für Dich aufgeschrieben. Doch jetzt ist auf einmal alles ganz anders: Die Windkraft-Verschwörer:innen fliegen raus!

Beste Verbindungen zur ÖVP

Das Pleyel-Zentrum rund 50 Kilometer nordwestlich von Wien gilt bereits seit einiger Zeit als Treffpunkt der Szene: einschlägige Veranstaltungen sind seit mindestens Herbst 2023 nachweisbar. Besonders brisant ist das, weil die Räumlichkeiten auch aus Steuergeldern finanziert werden. Geld kommt vom Land Niederösterreich, der Region Wagram sowie den Gemeinden Großweikersdorf und Grafenwörth. Und auch die Nähe zur niederösterreichischen ÖVP ist offensichtlich.

Als Ehrenpräsidentin des „Pleyel-Zentrums“ fungiert niemand geringerer als Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – assistiert von ihrem langjährigen Vorgänger Erwin Pröll. Der Rest des Ehrenpräsidiums besteht aus zwei weiteren ÖVP-Politiker:innen: dem Nationalratsabgeordneten Johann Höfinger sowie Ex-Familienministerin Sonja Stiegelbauer.

Das Land Niederösterreich will erst kein Problem sehen

Mitte August frage ich deshalb beim Land Niederösterreich sowie bei ÖVP-Abgeordneten Höfinger nach. Samt Hinweisen und Belegen für die Verbindungen nach ganz rechts außen. Die Antwort kommt am 21. August von Andrea Schwarzbauer, Bereichsleiterin für Kunst und Kultur in der niederösterreichischen Landesregierung. Bereits meine Anfrage vom März sei „mit der Bitte um Prüfung“ an die Landesregierung weitergeleitet worden.

Doch laut Land Niederösterreich gehe „klar hervor, dass die Fördermittel an die Ignaz-Pleyel-Gesellschaft zweckgemäß verwendet“ würden. Die Ignaz-Pleyel-Gesellschaft (IPG) ist die Trägerin des Zentrums. Auf meine Hinweise zu den einschlägigen Verbindungen geht sie nicht ein. Und ÖVP-Abgeordneter Höfinger geht auf Tauchstation und antwortet gleich gar nicht. Zu diesem Zeitpunkt sind die Rechtsaußen-Verbindungen für die ÖVP-FPÖ-Landesregierung also offensichtlich noch überhaupt kein Problem.

Gerade in Bezug auf die FPÖ wohl auch nicht wahnsinnig überraschend: Immerhin führen die Blauen bereits seit Jahren einen absurden Feldzug gegen die klimaschonende und erneuerbare Windkraft. Hier habe ich für Dich aufgeschrieben, wie die FPÖ die Windkraft zerstören will und die Energiewende sabotiert. Nur zwei Wochen später folgt dann allerdings die komplette Kehrtwende des Landes Niederösterreich.

Niederösterreichische Kehrtwende um 180 Grad

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Auf ihrem Telegram-Kanal muss die dubiose Windkraft-Truppe nun mitteilen: Die Landesregierung hätte der Pleyel-Gesellschaft mitgeteilt, dass einschlägige Veranstaltungen künftig unerwünscht seien. Daraufhin hätte der Vorstand des Zentrums „beschlossen, dass wir im Pleyelzentrum keinen Stammtisch mehr abhalten dürfen!!!!“, heißt es. [Alle Rufzeichen im Original]. Vorangegangen wäre auch eine Anfrage des Profil-Journalisten Julian Kern, so die Betreiber:innen.

Ich frage also nochmals beim Land Niederösterreich nach – vor allem interessiert mich, was sich denn innerhalb von zwei Wochen so fundamental geändert hat. Und nun schreibt Schwarzbauer auf einmal: „auf Grund eines verlässlichen Augenzeugenberichts“ wäre es zu einer neuerlichen Anfrage des Landes Niederösterreich bei der Pleyel-Gesellschaft gekommen. Diese hätte sich nun „von den Inhalten der besagten Gruppe distanziert“ und es würden künftig keine Räume für Veranstaltungen „mit vergleichbarem Charakter“ vermietet.

Zweifellos eine erfreuliche Entwicklung. Auffallend aber ist, dass das Land erst reagiert, nachdem journalistisch nachgefragt wird und damit der Druck zunimmt.

Auch der Alpenverein wirft die Truppe raus

Bereits kurz nach dem Rauswurf können die Windkraft-Verschwörer:innen allerdings eine Alternative präsentieren! Nun soll die Veranstaltung am 30. September im Alpenvereinshaus in Tulln an der Donau über die Bühne gehen. Eingeladen werden via Telegram „Liebe Windkraftgegner und universell Interessierte“. Der Tullner Alpenvereinsobmann wird in der Einladung sogar extra lobend erwähnt.

Die Einladung hatte ich unmittelbar nach Bekanntwerden an Personen im Alpenverein weitergeleitet. Und der Alpenverein zieht bald die Notbremse – die Windkraft-Truppe fliegt auch in Tulln raus. Über den Rauswurf berichtete zuerst profil. Alpenvereins-Sprecher Gerald Zagler bestätigt mir gegenüber die Absage.

Alle Veranstaltungen in Räumlichkeiten des Alpenvereins müssten im Einklang mit einer „demokratischen, offenen und evidenzbasierten Haltung“ stehen. Auf Report24 und anderen Kanälen der Szene hat inzwischen das große Jammern begonnen. Und es ist ohne Zweifel ein Fortschritt, dass die dubiose Truppe rausfliegt.

Doch vor allem das Land Niederösterreich wird sich Fragen gefallen lassen müssen: Warum hat der Rauswurf der Verschwörungsgruppen monatelang gedauert – trotz Vorliegens eindeutiger Belege? Und warum erfolgt der Rauswurf erst, nachdem beharrlich journalistisch nachgefragt wird?

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